Mundart mit Spaß und Tiefgang
Fishermans Fall sorgen beim Kleinkunstfestival in Breitnau für ein denkwürdiges "Momäntli". (Badische Zeitung - Erich Krieger)
(c) Badische Zeitung - Erich Krieger - 8. Kleinkunstfestival Breitnau |
BREITNAU. Fünf Männer und eine Frau aus Wyhl, darunter drei Geschwister, bilden die Band Fishermans Fall und haben längst den Status einer regionalen Kultband erreicht – und das nicht erst seit ihrer Kreation des Stadionliedes 2009 für den SC-Freiburg. Fishermans Fall spielt seit 1992 zusammen und hat nach englisch gesungenen Nummern ihr heimisches Kaiserstühler Idiom zum Markenzeichen entwickelt und dadurch zu sich selbst gefunden. In bestem Folk-Rock orientiert sich die Band originell, frech, spaßig, kritisch und manchmal bitterernst an den wichtigen Themen des Lebens. Und das Wichtigste dabei: Sie stehen voll hinter ihrem Tun und haben auch nach fast 25 Jahren sichtlich großen Spaß an gemeinsamen Auftritten. Alles, was sie auf die Bühne bringen, ist ehrlich und oft aus dem Moment geboren. So auch im Alten Pfarrhof. Gleich mit ihrem Erstling nehmen sie durch ihre sympathische und animierende Bühnenpräsenz das Publikum gefangen. Das Lied "Die Hochzeit zu Kanaan" passe zum Saal, aber hoffentlich sei "kai Pfarrer do". Mit dem Refrain "Schänka mr no amol ie, doch dr Wii isch weg, dr Wii isch läär, kann des au so sii", schaffen sie es auf Anhieb, einen Kanon
mit allen zu initiieren. Nach einigen Liedern wird es das erste Mal ernst. Frontmann Ralf Busch erzählt von einer Wyhler Familie, die vor 199 Jahren nach Amerika ausgewandert ist und deren Nachkommen gerade Wyhl besuchen, um nach ihren Wurzeln zu forschen. Zwei davon seien heute extra nach Breitnau zum Konzert gekommen. Ihnen widmete die Band ihren Song "Heim". Es ist eine nachdenkliche Ballade über die Suche nach "mir sälbscht". Der Sänger fordert als Fazit nach vielerlei erfahrener Entfremdung "Ich will heim zu mir, vor allem zruck zu mir". Auch beim Titel "Nai" wird darüber reflektiert, dass es in der Liebe oft alles andere als romantisch zugeht: "Nai het se gsait, s’war immer schee mit dir, aber jetz tuats mr laid". Bewegend die Reminiszenz an die Wyhlerin Anna Schnidenwind, die man 1751 der Hexerei anklagte und der man die Schuld an einer verheerenden Brandkatastrophe im Ort unterschob. Sie wurde als eine der letzten "Hexen" vor einer riesigen Menschenmenge in Endingen auf dem Scheiterhaufen hingerichtet. Die bittere Anklage im Refrain: "Bränn, Anna, bränn, wiil’s 10 000 Lit sähne wenn".
In "Läwnslänlig frey" offenbarte sich poetischer Tiefgang. "Du siehsch nit was du hesch, nur was dr üffä stoht un was dr mit dienm Erreichtä dänn so ällis entgoht". Statt in einer "unaufhaltsami Flucht ä ganzes Läwä lang" irgendwelchen Äußerlichkeiten nachzurennen habe man eben lebenslänglich frei, um zum Wesentlichen des Lebens vorzudringen.
Vor allem mit dieser Gruppe von Liedern zeigten die Kaiserstühler, dass Volks- (Folk-)musik weit mehr sein kann, als der "alte Holzmichel" oder sich deftig auf die lederbehosten Schenkel zu hauen. Aber auch der Humor kam nicht zu kurz. Auf kaiserstühlerisch fragten sie das Publikum, was man denn "am hella Morgä" mit "ma bsoffnä Fischermann macha" soll statt nach dem "Drunken Sailor" im englischen Original. Und in der Hommage an das "Schorli" stellten sie fest, dass von Schorli zu Schorli die Frauen schöner werden. Das würden sie selbst immer erleben, wenn sie am Kaiserstuhl mit ihren Instrumenten von Straußi zu Straußi ziehen. Natürlich durfte auch die mit dem Publikum gemeinsam gesungene Stadionhymne "SC Freiburg vor" nicht fehlen, gefolgt von dem im Unterland nicht minder bekannten Ohrwurm zur Feier des Kaiserstühler Weins "Liebe vergeht, aber Hektar besteht".
Ein für alle reicher Abend. Auch für die Band, die nach bisher sieben Einladungen durch Martin Wangler, bei denen immer etwas dazwischen gekommen war, es endlich schaffte, "in diesem tollen Saal mit dem engen Kontakt zum Publikum und mit nur akustischen Instrumenten auftreten zu können". Ein schöner Ausdruck davon war das Geschenk der Band in Form einer Sample-CD, die für alle Besucher auf deren Stühlen bereit lag.
Dazu passte auch "Momäntli", die letzte Zugabe des Abends. Wenn man sich an manchen Tagen selbst frage, was man eigentlich will und was denn alles soll, dann gebe es "so Momäntli, wiä so Momäntli halt mol sin, und des Momäntli goht dr niä meh usm Sinn".
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